Leseprobe aus meinem Buch »Karmisches Herkunftssystem«
captatio benevolentiae
>Wenn wir von allem Guten, all unseren positiven Eigenschaften oder unserem eigenen Können, nur halb so überzeugt sein könnten, wie von allem Unheil, all unseren schlechten Eigenschaften oder unserem Versagen würde uns viel Glückliches in unserem Leben tatsächlich in den Schoss fallen!<
Karmisches Herkunftssystem ist eine Kurzgeschichte und beruht auf einer wahren Begebenheit. Sie ist Teil einer kostenlosen Ergänzung meines Buches >Schicksal mag Bestimmung sein …aber<, erschienen im Schirner Verlag 2012. Aus kostentechnischen Gründen durften meine Bücher dort nicht mehr als maximal 300 Seiten umfassen und deshalb musste ich mein Manuskript kürzen. Dieser Kürzung fiel unter anderem dieses Kapitel `zum Opfer´. Daraufhin veröffentlichte ich dieses Kapitel und ein weiteres nach Erscheinen des Buches auf meiner Homepage: www.xine.de. Entsprechende Hinweise dazu befinden sich im Buch.
Weil aber nicht jeder gerne am PC liest oder sich Unmengen von Seiten zum Lesen ausdrucken möchte, dachte ich, es sei eine schöne Idee die entsprechenden Kapitel auch auf KDP zu veröffentlichen.
Es gibt anscheinenden nur sehr wenige (Psycho)Therapeuten die Reinkarnationstherapie anbieten und Familienstellen. Was wohl damit zusammenhängt, dass das Familienstellen in der Welt der immer noch eher klassisch arbeitenden Psychotherapeuten, schon besser akzeptiert wird, als die Reinkarnationstherapie. Als Reinkarnationstherapeut gilt man gerade in der Welt der psychotherapeutisch Tätigen allgemein immer noch eher als unseriös oder wird zumindest belächelt und da auch das Familienstellen immer noch von vielen Menschen mit Argwohn betrachtet wird, will man sich wohl als seriös arbeitender (Psycho)Therapeut auch nicht gleich zwei Methoden von moderner oder neuzeitlicher(er)Psychotherapie aufs Brett schreiben. Ich selbst merke ja immer wieder, wenn ich an einer psychotherapeutischen Fortbildung teilnehme und nach meiner Arbeit gefragt werde, wie einige der anderen Teilnehmer oder auch die Seminarleiter darauf reagieren, wenn ich sage, dass ich auch Reinkarnationstherapie anbiete. Wenn man sagt, dass man auch mit Familienstellen arbeitet, geht das noch — aber die Reinkarnationstherapie ist in den meisten Fällen immer noch das Tüpfelchen auf dem i, das mich dann zumindest in die Schublade mit der Aufschrift >Mit Vorsicht zu genießen< befördert.
Jedenfalls wünsche ich, es gäbe mehr Psychotherapeuten, die neben dem Familienstellen auch Rückführungen als das anerkennen würden, was es ist: eine weitere Möglichkeit oder Methode der Psychotherapie.
So habe ich durch meine Arbeit auf beiden Gebieten zum Beispiel die Entdeckung gemacht, dass es manchmal scheinbar auch geschieht, dass wir in unser eigenes, früheres Familien- oder Herkunftssystem zurückinkarnieren. Die Frage ist, wie oft und warum dies geschieht. (Immer vorausgesetzt natürlich, Sie leben in einer Dimension (oder Vorstellung) in der Wiedergeburt real ist.)
Anfang 2009 machte ich eine Rückführung mit einer Frau. Ihr Anliegen lautete, dass sie gerne wüsste, warum sie einfach keinen Erfolg im Leben hätte und dadurch finanziell immer in Not sei. Egal was sie beruflich in Angriff nahm, es war zum Scheitern verurteilt. Sie hatte mir ausführlich ihre Geschichte erzählt und dabei auch schon erwähnt, dass ihr Schicksal eigentlich nur eine Wiederholung des Schicksals ihrer Vorväter sei. Damals beschäftigte ich mich schon mit dem Familienstellen und den familiären Systemen und wurde hellhörig. Die Frau wollte gerne wissen, ob ein Fluch auf ihrer Familie lastete, weil es scheinbar niemandem vergönnt war dauerhaft >auf einen grünen Zweig zu kommen<, wie sie es nannte. Jedenfalls nicht ohne das ständige Gefühl, für ein kleines bisschen Glück oder Wohlstand nachträglich immer wieder durch schlimme Schicksalsschläge bestraft zu werden.
Ihre Familie stammte eigentlich aus Österreich. Ihr Urgroßvater väterlicherseits hatte einen hohen Posten in der damaligen österreichisch-ungarischen Armee bekleidet, war aber im ersten Weltkrieg schwer verwundet worden und an den Folgen seiner Verletzungen gestorben. Meine Klientin erzählte, dass ihr Urgroßvater eigentlich ein adeliger Gutsherr gewesen sei und dass die Familie immer einen besonderen Status genossen habe, der noch auf die Zeiten der Marktgrafen zurückging. Nach dem Ende der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie wurde nach dem ersten Weltkrieg allerdings aus dem Gebiet, in dem der Urgroßvater beheimatet gewesen war, die Tschechoslowakei und der Großvater meiner Klientin, sein Bruder und seine Mutter hatten dort dann nicht länger bleiben können. An dieser Stelle fehlten meiner Klientin jedoch genaue Informationen, wie zum Beispiel, warum genau die Familie Haus und Hof verloren hatte, ohne etwas von ihrer Habe und den Besitztümern retten zu können, wodurch man schließlich so schrecklich verarmte. Der Großvater war damals erst 21 Jahre alt und er und seine Mutter gingen nach Salzburg, wo der junge Mann versuchte, sich und seine Mutter mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Meine Klientin berichtete, ihr Opa habe ihr erzählt, dass er damals auch oft auf Almosen angewiesen gewesen sei. Seine Mutter sei immer schon ein wenig >geistig labil< gewesen, sie habe den Weggang aus der Heimat auch nie verkraftet und ihr Sohn pflegte sie, bis sie im Frühling 1938 im Alter von 80 Jahren starb, kurz nachdem Österreich vom Deutschen Reich einverleibt wurde.
Während des zweiten Weltkrieges arbeitete der Großvater meiner Klientin dann in einer Fabrik, die scheinbar auch Waffen für die deutsche Wehrmacht produzierte. Dort lernte er auch seine Frau kennen, die er im fortgeschrittenen Alter von immerhin 49zig Jahren kurz nach dem Ende des Krieges heiratete. Nach dem Krieg waren beide lange Zeit arbeitslos gewesen und meine Klientin meinte, ihr Opa habe ihr erzählt, dass sie damals ebenfalls wieder von der Hand in den Mund gelebt hätten. Hinzu kam, dass seine Frau schwanger war. Da sie bei der Hochzeit ebenfalls schon älter gewesen war, hatten die Eheleute wohl nichtmehr damit gerechnet, Eltern zu werden und die Frau des Großvaters starb kurz nach der Geburt des Sohnes — dem Vater meiner Klientin. Der Großvater, der sich nicht um den Jungen kümmern konnte, brachte den Säugling in ein Waisenhaus, wo er blieb bis dass er mit 15 Jahren als Knecht zu einem Bauern geschickt wurde, wo er fortan auch wohnte. Sein eigener Vater lebte damals vom sozialen Beistand in einer Einzimmerwohnung in Salzburg und hatte zu seinem Sohn nur wenig Kontakt. Meine Klientin, die ihren Großvater noch kennengelernt hatte, meinte, dass es dem Großvater immer leidgetan habe, dass er sich damals nicht um seinen Sohn habe kümmern können. Aber nachdem er erst einmal das Sorgerecht für seinen Sohn abgegeben hatte, war es ihm später auch nicht mehr möglich gewesen, den Jungen wieder zu sich zu nehmen und das Sorgerecht zurückzufordern.
Der Vater meiner Klientin verliebte sich dann ausgerechnet in die älteste Tochter des Bauern, bei dem er als Knecht beschäftigt war, was dem Bauer jedoch gar nicht gefiel. Als das Mädchen schwanger wurde, vertrieb der Bauer seine Tochter und ihren Liebhaber von seinem Hof. Bei der Geburt meiner Klientin 1967 war ihr Vater gerade einmal 21 Jahre alt, die Mutter ein Jahr älter. In Österreich wollten sie nicht bleiben und so kamen sie wie so viele Gastarbeiter damals nach Deutschland, wo der Vater meiner Klientin einen Job im Kohlebergbau im Ruhrgebiet fand. Genau wie sein eigener Vater war auch er mit 21 Jahren genötigt worden, seine Heimat zu verlassen. Solche Wiederholungen von Schicksalen innerhalb einer Familie, gibt es sehr oft und auch sie sind Teil von Verstrickungen oder Falschidentifizierungen.
Nun waren Gastarbeiter aus Österreich wohl eher die Ausnahme im Nachkriegsdeutschland und im Gegenteil zu den anderen Gastarbeitern sprach der Vater meiner Klientin Deutsch, was dazu beitrug, dass er schnell befördert wurde. Nach ein paar Jahren bekam die Familie ein kleines Häuschen, das der Bergwerksgesellschaft gehörte und eine Zeitlang war alles in Ordnung. Doch dann wurde der Vater meiner Klientin 1980 von einem Auto angefahren und wurde danach im Alter von nur 34 Jahren arbeitsunfähig. Da der Unfall jedoch nicht während der Arbeit geschehen war, hatte er kein Anrecht auf Entschädigung und wurde entlassen. Auch das Haus musste die Familie daraufhin wieder verlassen und man zog in eine Siedlung. Die Mutter arbeitete deshalb in einer Fabrik und zusammen mit der schmalen Rente des Vaters kam man gerade so über die Runden. Meine Klientin erzählte, dass ihr Vater dann angefangen habe zu trinken. Als sie 14 Jahre alt war, starb ihr Großvater mütterlicherseits und meine Klientin kehrte mit ihren Eltern nach Österreich zurück. Von ihrem Erbteil kaufte die Mutter dort einen kleinen Lebensmittelladen und meine Klientin beendete ihre Schulzeit in Österreich, was für sie, bedingt durch ihren deutschen Akzent wohl nicht ganz einfach war. Aber durch die Rückkehr in die alte Heimat lernte sie schließlich auch ihren Großvater väterlicherseits kennen, der mittlerweile in einem Altersheim lebte. Meine Klientin meinte dazu, dass er dort mehr schlecht als recht dahin vegetiert habe. Da es ein staatliches Altersheim für mittellose Menschen war, gab es dort kaum Freizeitangebote oder sonstige Annehmlichkeiten für die Bewohner. Als besonders schlimm hatte meine Klientin es immer empfunden, dass ihr Großvater im Gegensatz zu vielen anderen alten Menschen dort geistig noch sehr fit gewesen sei und seine Situation deshalb auch sehr gut hatte begreifen können. Doch er habe sich nie beschwert und einmal habe er ihr gesagt, dass er noch Glück gehabt habe. Alle aus seiner Familie die im Leben hoch hinaus gewollt hätten, seien verunglückt. So erfuhr meine Klientin auch, dass der Großvater noch einen vier Jahre älteren Bruder gehabt hatte, der jedoch wie sein Vater zur Armee gegangen war. Nachdem man die alte Heimat hatte verlassen müssen, hatte der Opa meiner Klientin lange Zeit nichts mehr von seinem Bruder gehört. Erst nach dem zweiten Weltkrieg meldete sich dieser wieder. Er hatte ebenfalls erst sehr spät geheiratet, die Armee dann verlassen und führte daraufhin zusammen mit seiner Frau einen Baubetrieb, den diese von ihrem Vater übernommen hatte. Es schien dem Bruder damals sehr gut zu gehen, bis er 1950 bei einem Unfall am Bau, bei dem er angeblich betrunken gewesen sein sollte, vom Dach stürzte und sich dabei so schwer an der Wirbelsäule verletzte, dass er danach querschnittgelähmt war. Ein paar Jahre später war er dann an den Spätfolgen seines Unfalls gestorben. Seine Frau hatte sich zu dem Zeitpunkt aber schon von ihrem Mann scheiden lassen und der Bruder des Großvaters starb 1953 in einem Pflegeheim, im Alter von nur sechzig Jahren. Dies geschähe, wenn jemand aus seiner Familie zu hoch hinaus wolle und sein Glück leichtfertig aufs Spiel setzte, hatte der Großvater dazu gemeint.
Doch meine Klientin war sich sicher, dass ihr nichts geschehen würde und sie nahm sich vor, im Leben mehr zu erreichen als der Opa oder die Eltern. Nach ihrer Schulzeit begann sie eine Lehre als Schneiderin. Das Lebensmittelgeschäft der Eltern lief gut und der Vater trank auch nicht mehr. In Österreich hatte er eine künstliche Hüfte bekommen und seither konnte er auch wieder ohne Krücken laufen. 1985, meine Klientin hatte gerade ihre Lehre beendet und wollte demnächst in einer Fabrik für Trachtenmoden zu arbeiten anfangen, kauften sich die Eltern ihren ersten Neuwagen und man wollte sich zu dritt den ersten richtigen Urlaub gönnen. Auf dem Weg nach Jugoslawien verunglückten sie. Die Mutter, die hinten im Auto gesessen hatte starb noch am Unfallort. Meine Klientin und ihr Vater wurden schwer verletzt. Während sich meine Klientin körperlich wieder ganz erholte, blieb ihr Vater danach invalide. Unter anderem behielt er eine Wunde am Bein, die nicht mehr zuheilen wollte und er musste danach immer starke Schmerzmittel nehmen. Außerdem fing er wieder an zu trinken. Meine Klientin versuchte dann das Lebensmittelgeschäft weiterzuführen, doch dies gelang ihr nicht und sie sagte, sie sei damit schlichtweg überfordert gewesen. Schließlich verkaufte sie den Laden. Mit dem Erlös gelang es ihr so gerade die Schulden bei der Bank zurückzuzahlen und danach suchte sie sich dann eine Arbeit als Schneiderin. So kam es, dass meine Klientin doch noch in dieser Fabrik für Trachtenmoden anfing. Dort verliebte sich der Juniorchef in sie und obwohl sein Vater gegen die Beziehung war, heirateten die beiden. (Auch hier gibt es wieder Parallelen zu den Eltern meiner Klientin. Hier war der Vater des Vaters ebenfalls gegen die Beziehung.) Kurz nach der Hochzeit verstarb dann auch der Großvater väterlicherseits.
Eine Zeitlang ging es meiner Klientin dann auch sehr gut. Sie wohnte in einem schönen Haus und hatte keinerlei Sorgen. Kurz nach der Hochzeit war sie schwanger geworden und arbeitete deshalb auch nicht mehr. Anfang 1989 kam dann ihre Tochter zur Welt, doch als die Tochter sechs Jahre alt wurde folgte die Scheidung. Die Diskrepanzen zwischen Schwiegertochter und Schwiegervater waren einfach zu groß und letztendlich wandte sich auch der eigene Ehemann wohl gegen seine Frau. Meine Klientin erhielt jedoch eine Abfindung. Die Tochter, die später auf ein Schweizer Internat gehen sollte, blieb dafür beim Vater. Mit dem Geld aus der Abfindung eröffnete meine Klientin dann eine Boutique in Salzburg. Doch irgendwie fehlte ihr der Geschäftssinn und das Geschäft schrieb von Anfang an rote Zahlen. Als sie dann auch noch so unglücklich mit dem Fuß umknickte und sich dabei einen komplizierten Knöchelbruch zuzog, musste sie die Boutique wieder schließen. Es folgte der finanzielle Absturz und mit Anfang dreißig lebte meine Klientin von der Fürsorge. Ihr Vater, der nach dem Tod der Mutter noch einige Jahre alleine auf sich gestellt und ebenfalls mit staatlicher Hilfe in einer Mietwohnung gelebt hatte, wurde nach einem Schädelbasisbruch, den er sich im Suff zugezogen hatte, in ein Heim für Alkoholkranke eingewiesen. Dort lebte er noch einige Jahre, bis er 2002, im Alter von nur 56 Jahren an einer Gehirnblutung starb.
Meine Klientin hatte Glück im Unglück und über eine Kontaktanzeige lernte sie 1999 ihren zweiten Ehemann kennen, der eine Gärtnerei und mehrere Blumenläden in Süddeutschland betrieb. Ein Jahr später folgte die Hochzeit und der Umzug vom Salzburger Land nach Bayern. Obwohl ihr zweiter Mann fast doppelt so alt war, wurde sie bald darauf ein weiteres Mal schwanger und im Alter von 34 Jahren erneut Mutter eines Sohnes. Der Kontakt zu ihrer Tochter beschränkte sich zu diesem Zeitpunkt auf gelegentliche Briefe und einem Weihnachtsgeschenk, das meine Klientin ihrer Tochter per Post zustellte. Die Tochter selbst schrieb nie zurück und meldete sich auch ansonsten nicht bei ihrer Mutter. Es folgten dann wieder einige gute Jahre für meine Klientin, bis ihr zweiter Ehemann 2003 einem Herzinfarkt erlag. Da er sein Blumenunternehmen zusammen mit seinem Bruder aufgebaut hatte, ging fast sein gesamtes Vermögen an den Bruder und meine Klientin bekam lediglich das Haus und einen Blumenladen, den ihr Ehemann erst nach der Hochzeit und ohne Partnerschaft eröffnet hatte. Meine Klientin hatte sich aber bis dato nur um die Erziehung des Sohnes gekümmert und sagte dazu, sie habe bei ihm halt alles besser machen wollen als bei der Tochter und hätte deshalb auch immer für den Sohn da sein wollen. Nach dem Tod ihres Mannes musste sie sich aber auch um die Geschäfte und den Einkauf im Blumenladen kümmern — der vom Großhandel ihres Schwagers beliefert wurde. Allerdings hatte ihr Schwager sie wohl nie gemocht und sorgte deshalb dafür, dass sie minderwertige Ware bekam und viel zu hohe Preise bezahlen musste. Schließlich blieb meiner Klientin nichts anderes übrig, als den Blumenladen unter Wert an ihren Schwager zu verkaufen.
Mittlerweile war meine Klientin davon überzeugt, dass auf ihr ein Fluch lasten müsste und sie erinnerte sich nun immer öfter an die Worte ihres Großvaters, sie solle sich hüten zu hoch hinaus zu wollen. Da sie kein Einkommen mehr hatte, musste sie nun auch noch das Haus verkaufen und zu all ihren anderen Problemen kam auch noch ein beständiges Gefühl der Heimatlosigkeit hinzu. Immer wenn meine Klientin das Gefühl hatte endlich irgendwo sesshaft und glücklich werden zu können, geschah wieder ein Unglück, wodurch sie wieder alles verlor. Ähnlich war es auch schon ihren Eltern und ihren Großeltern ergangen. Einen Teil des Geldes, aus dem Erlös des Blumenladens, wollte sie dann für die Ausbildung ihres Sohnes anlegen und ging dabei einem Betrüger auf dem Leim. So folgten wieder harte Zeiten für meine Klientin und ihrem kleinen Sohn. Schließlich fand sie einen Halbtagsjob als Verkäuferin in einem Spielwarenladen, während ihr vierjähriger Sohn in den Kindergarten ging. Die Besitzerin des Spielwarenladens suchte allerdings nach einem Nachfolger und das Geschäft stand zum Verkauf. Meine Klientin, der die Arbeit dort Spaß machte, hatte Angst wieder arbeitslos zu werden wenn das Geschäft erst einmal verkauft sei und so entschloss sie sich von ihren letzten Ersparnissen den Spielwarenladen zu kaufen. Da ihr Geld dafür aber nicht ganz reichte, nahm sie auch einen Kredit auf, was aber kein Problem war, zumal die Geschäftsbücher und Bilanzen des Spielwarengeschäfts einwandfrei waren. Es ging wieder bergauf und meine Klientin sagte, die ehemalige Geschäftsinhaberin sei ihr auch sehr entgegen gekommen und habe sie noch lange Zeit später immer wieder gerne beraten wenn es um den Einkauf und die Buchführung gegangen wäre.
Endlich sah es so aus, als bekäme meine Klientin ihr Leben in den Griff. 2007 während eines langersehnten Urlaubes mit ihrem Sohn in Spanien, stürzte meine Klientin dann so unglücklich von einem Maultier, dass sie sich einen Lendenwirbel brach und dabei auch das Rückenmark verletzte. Nach einer Notoperation in Spanien flog man sie nach Deutschland zurück, wo sie weitere sechs Wochen im Krankenhaus verbrachte, bevor sie dann für drei Monate in eine Reha-Klinik musste. Weil sie keine Angehörigen mehr hatte, wurde ihr Sohn in dieser Zeit bei Pflegeeltern untergebracht. Nach ihrer Entlassung aus der Reha konnte meine Klientin nur noch auf Krücken laufen und sie musste seither ein Stützkorsett tragen. Außerdem stand sie wieder vor dem finanziellen Ruin, denn während der ganzen Zeit waren alleine schon durch die Ladenlokalmiete und die monatlichen Kreditraten immense Kosten angefallen. Im Februar 2008 wurde meine Klientin für Bankrott erklärt und lebte seither von Harz IV. Sie war nun invalide und so wie es aussah, würde es auch nur noch eine Frage der Zeit sein, bis dass sie sich nichtmehr um sich selbst würde kümmern können und wie ihr Vater und ihr Großvater in einem Heim landen würde. Was ihr jedoch noch mehr zu schaffen machte war ihr Sohn, der sich in der Zeit bei der Pflegefamilie von ihr entfremdet hatte — auch da schien sich das Schicksal immer wieder zu wiederholen und meine Klientin hatte Angst, nun auch ihr zweites Kind zu verlieren.
Im Herbst 2008 ereigneten sich dann zwei Dinge: Erstens erhielt meine Klientin einen Brief von einem Notar aus Österreich, der als Nachlassverwalter mit dem Erbe eines Großonkels meiner Klientin beauftragt worden war. Es stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Großonkel um den Sohn des Bruders des Großvaters handelte. Dieser war kürzlich im Alter von 57 Jahren beim Paragleiten in den Alpen abgestürzt und tödlich verunglückt. Wie meine Klientin dann herausfand, war die Ehefrau des Bruders ihres Großvaters, zum Zeitpunkt als dieser auf dem Bau verunglückte, schwanger gewesen. Sie selbst war 15 Jahre jünger als ihr Mann gewesen und hatte dann später diesen Baubetrieb zusammen mit ihrem Sohn weiter ausgebaut. An ihrem 70zigsten Geburtstag, 1978, hatte sie das Unternehmen an ihren damals 27 jährigen Sohn übergeben — der jetzt tödlich verunglückt war. Durch diesen Nachlassverwalter erfuhr meine Klientin ebenfalls, dass ihr Großonkel seine eigene Familie, seine Frau und zwei Kinder, schon vor Jahren bei einem Flugzeugabsturz verloren hatte. Erschrocken und zu tiefst beunruhigt hatte meine Klientin dies alles zur Kenntnis genommen und dabei auch immer wieder an die Worte ihres Großvaters denken müssen. Scheinbar war es nicht nur ihr und ihrem Familienzweig so ergangen, dass jedes Mal wenn es ihnen gut ging, sich ein schlimmer Unfall ereignete und alles dahin war — sondern auch dem Familienzweig ihres Großonkels! Da meine Klientin nun die einzige, noch lebende Verwandte war, sollte sie das nicht eben unerhebliche Vermögen ihres Großonkels erben. Dieses Geld kam für meine Klientin wie gerufen. Trotzdem hatte sie Angst das Erbe anzunehmen und damit neues Unglück heraufzubeschwören.
In der Reha hatte sich meine Klientin zudem mit einer Frau vom Niederrhein angefreundet und war durch diese zum ersten Mal in Kontakt mit Dingen wie Spiritualität, Reinkarnation und Karma gekommen. Seitdem faszinierte sie das Thema und sie hatte mittlerweile schon zahlreiche Bücher darüber gelesen. Dadurch war meine Klientin mehr und mehr zu der Überzeugung gelangt, dass sie und ihre Familie einmal etwas sehr schlimmes getan haben mussten, wofür sie nun immer noch bestraft würden. Schlechtes Karma sozusagen. Ihre Freundin vom Niederrhein hatte ihr daraufhin geraten einmal eine Rückführung zu machen, um der Sache auf den Grund zu gehen, und hatte mich dafür empfohlen.
Durch die Rückführung erhoffte sich meine Klientin nun mehr über ihr karmisches Schicksal zu erfahren. Ich erklärte ihr, dass die Rückführung sicherlich Aufschluss über ihr Karma und dass was sie in einem früheren Leben gemacht hatte geben würde. In der Regel ist es ja immer so, dass die Rückführung den Klienten in ein früheren Leben bringt dass noch eine Bedeutung und einen Bezug zum heutigen Leben hat und welches immer auch gewisse Umstände im heutigen Leben erklärt. Da dieses schlechte Karma oder der Fluch, wie meine Klientin es nannte, aber nicht nur Auswirkungen auf ihr Leben hatte, sondern auch auf den Rest ihres Herkunftssystems, erklärte ich ihr schließlich was ich über das Familienstellen wusste: Manche Dinge sind rein karmischen Ursprunges und systemisch deshalb auch nicht zu erklären oder zu lösen. Das Meiste jedoch, was uns belastet oder auch auszeichnet, ist sowohl karmisch und systemisch zugleich. Wenn unser Karma zum Beispiel dazu führte, dass wir in ein bestimmtes Herkunftssystem hineingeboren wurden oder wir feststellen, dass uns mit bestimmten Personen aus unserem Herkunfts- oder Familiensystem auch karmisch etwas verbindet und man bei einer Rückführung erfährt dass man nun nicht zum ersten Mal zusammen inkarniert. Trotzdem tendiere ich, rein vom Gefühl her, meistens dazu mit meinen Klienten immer erst systemisch nach Lösungen zu suchen — außer sie bestehen auf einer karmischen Arbeit. Dabei ist es egal, ob sie eine Rückführung oder eine Karmaaufstellung wünschen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die wirklich schwerwiegenden Dinge immer eher (oder leichter) systemisch zu lösen sind, auch wenn der Ursprung tatsächlich karmisch ist. Findet man zum Beispiel durch eine Rückführung heraus, dass zu den Eltern oder dem Ex-Partner auch eine karmische Verbindung besteht, ist dies oft gar nicht mehr relevant wenn man die Differenzen mit dieser Person vorher schon systemisch lösen konnte. Natürlich hätte man auch versuchen können, diese von vorne herein durch Karmaarbeit aufzuarbeiten, aber Systemarbeit ist für den Betroffenen tatsächlich oft einfacher, auch wenn man damit, genaugenommen, das Pferd von hinten aufsattelt. Ideal ist es wenn jemand, so wie im Falle dieser Klientin, erst systemisch und anschließend, nach einer gewissen Weile, auch nochmal karmisch arbeitet.
Nachdem ich nun dieser Klientin über das Familienstellen und über Verstrickungen innerhalb von Herkunftssystemen berichtet hatte, erzählte sie mir, dass kurz nachdem der erste Brief des österreichischen Notars bei ihr eingegangen war, sie auch einen Brief von ihrem ersten Mann erhalten hatte. Die gemeinsame Tochter war mittlerweile 19 Jahre alt und wollte eigentlich Modedesign studieren. Sie sollte später einmal das Unternehmen ihres Vaters, die Trachtenmodenfabrik übernehmen, welche mittlerweile expandiert hatte. So hatte man einen Teil der Produktion mittlerweile nach China verleg. Während einer Geschäftsreise mit ihrem Vater ins Reich der Mitte, wo sie eine der Produktionsstätten besuchten, war die Tochter mit der Hand in eine Nietenstanzmaschine geraten und hatte sich dabei so stark verletzt, dass man ihr das jeweils erste Glied von Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand hatte amputieren müssen. Meine Klientin war seither felsenfest überzeugt, dass sich der Fluch nun auch schon bei ihrer Tochter bemerkbar machte und sie dachte daran was wohl ihrem Sohn in dieser Hinsicht ebenfalls noch bevorstehen könnte. Sie wollte dieses schlechte Karma oder diesen Fluch, deshalb auch nicht nur ihretwegen auflösen, sondern vor allen Dingen auch ihrer beiden Kinder willen.
Ich habe so meine eigene Meinung zu solchen Dingen, wie schlechtes Karma oder Flüchen und bin selbst ganz fest davon überzeugt das alles Negative und Schlechte (genau wie alles Positive und Gute) nur dann Wirkung entfalten kann wenn ich es selbst zulasse und selbst davon überzeugt bin, dass etwas gut oder schlecht ist oder gut oder schlecht ausgehen wird! So gesehen reicht auch ein (enorm) starker Wille, extremes Durchhaltevermögen und natürlich oftmals auch die geografische Distanz, um sich karmischen wie systemischen Verstrickungen zu entziehen. Wem dies aber zu anstrengen ist, dem sei mit einer spirituellen Therapie, beispielsweise einer Rückführung oder Aufstellung geholfen. Und da meine Klientin mittlerweile felsenfest davon überzeugt war, dass auf ihrer gesamten Herkunftsfamilie ein Fluch oder schlechtes Karma lasten müsste, war die Möglichkeit das sich dies immer wieder durch Unfälle und finanzielle Engpässe bestätigte einfach größer, als eine gute und positive Variante ihres Lebens; ohne Unfälle und Geldnot. (Wenn wir von allem Guten, all unseren positiven Eigenschaften oder unserem eigenen Können, nur halb so überzeugt sein könnten, wie von allem Unheil, all unseren schlechten Eigenschaften oder unserem Versagen würde uns viel Glückliches in unserem Leben tatsächlich in den Schoss fallen!)
Aber ich war gerne bereit, dieser Klientin dabei zu helfen ihre Überzeugung zu überdenken und einen Weg zu finden, der sie zu einer neuen Überzeugen kommen lassen könnte: Der Überzeugung und der Gewissheit, dass sie ihr Schicksal überwinden konnte. Würde meine Klientin frei, stiegen auch die Chancen, dass ihre eigenen Kinder davon ebenfalls nicht mehr belastet sein würden.
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